Live is Good

Veröffentlicht am 16. Mai 2017 von Beat Hürlimann

Ein schöner Sommertag am See. Life is good, dachtest Du. Doch dann war Dein Portemonnaie verschwunden. Google Entwickler Adrian Zumbrunnen im Interview über Chatbots und andere Verheissungen…

Adrian, woran arbeitest Du zur Zeit?

An mehreren Projekten. Hauptsächlich am Google Assistant im Bereich Design. Da gibt es viele Aufgaben. Google Assistant funktioniert wie ein Chatbot. Er lebt im Smartphone als Dein persönlicher Assistent. Du kannst von verschiedenen Geräten darauf zugreifen. Es gibt es auf Google Home, wo Du es wie ein Device ins Wohnzimmer stellen kannst. Da hast Du Zugriff auf Deine Termine, kannst das Wetter abfragen. Es ist ein Voice getriebenes Produkt, mit dem ich sprechen kann.

Es revolutioniert die Art und Weise wie wir mit unseren Geräten interagieren. Es ist das erste Mal in der Geschichte, wo wir damit beginnen, wortwörtlich mit einer Maschine einen Dialog zu führen. Das ist bahnbrechend. Leute müssen nicht mehr verstehen wie eine Benutzeroberfläche funktioniert. Jedes Mal wenn Du eine App runterlädst hat sie eine andere Benutzeroberfläche. Jedes Mal musst Du alles neu lernen. Aber durch sogenannt Conversational Interfaces und Chatbots verändert sich das ganze Paradigma. Weil jeder von klein auf weiss wie man Konversationen führt. Deshalb verändert das diese Industrie so dramatisch. Es macht Technologie für alle zugänglich.

Wie muss ich mir Dein Arbeitsumfeld vorstellen?

Es ist sehr hektisch. Viele Termine. Viel Zeitdruck. Das arbeiten in verschiedenen Zeitzonen macht das Ganze auch nicht einfacher. Viele meiner Designpartner arbeiten in Kalifornien mit 9 Stunden Zeitunterschied. Gleichzeitig macht es sehr viel Spass. Alle wissen, dass man gemeinsam ein Problem am lösen ist, welches niemand zuvor lösen musste. Das erfordert eine völlig neue Denkweise.

Du hast gesagt Du arbeitest als Designer. Welche Art Designer?

Es gibt Visual Designer für das gute Aussehen des Endprodukts. Dann User Experience Designer, die den Fokus auf das Interaktionsdesign legen. Sie achten, dass das Produkt gut funktioniert, gut aussieht, sich gut anfühlt. Dann sind da die Interaktionsentwickler. Das sind Spezialisten, die gleichzeitig designen und programmieren. Das ist was ich mache. Ich befinde mich in der Mitte, entwickle und designe. Voice Designer haben wir auch, deren Schwerpunkt die Entwicklung voice-getriebener Interfaces ist.

Was ist ein Chatbot?

Ein Chatbot ist ein Programm mit dem ich reden kann. Du kannst mit diesem Programm via verschiedener Kanälen sprechen. Über Facebook, demnächst auch via WhatsApp. Der Vorteil ist, dass Du jene Tools dazu verwenden kannst, auf denen Du Dich bereits befindest. Aktuell bauen Firmen für alles eine App. Aber die Menschen wollen keine Apps. Sie wollen da bleiben, wo sie bereits sind. Und das ist in Facebook, in WhatsApp oder im iMessager, also in jenen Tools, die sie bereits benutzen. Wir sind sozial getrieben. Soziale Produkte sind der Kern unserer digitalen Welt. Und deshalb sind Chatbots so mächtig, weil sie dahin kommen, wo wir uns bereits befinden. Wir sind nicht weiter gezwungen für Services Apps runterzuladen. Die Chatbots machen die Services via jener Tools zugänglich, die wir täglich zigfachen öffnen. Ein Beispiel ist der Wetter Chatbot Poncho, mit dem ich reden kann und der mir das Wetter in verschiedenen Gebieten zeigt. Aber er hat auch eine Persönlichkeit und erzählt Witze und solche Dinge. Das ist eine sehr angenehme Art, Services zu konsumieren.

Welche andere Anwendungsbeispiele für Chatbots gibt es?

Es gibt ganz viele. Es gibt Customer Service Chatbots. Von Airlines zum Beispiel. KLM hat einen guten Chatbot mit dem man sprechen kann, Reisen buchen, sich Flüge vorschlagen lassen, ein Airline Boardingpass beziehen. Wenn ich jedes mal eine Airline-App runterladen muss, einzig um dafür den Boardingpass zu bekommen, stirbt irgendwo eine Katze. Das ist was Useability anbelangt eine Katastrophe. In dem, dass dieser Service als Chat angeboten wird, bekommt der Kunde viel rascher zu dem was er benötigt. Keine Apps downloaden, keine Logins. Und deshalb sind so viele Anwendungsfelder interessant.

Chatbots und Werbung, wie passt das zusammen?

Werbung und Chatbots, da bringe ich eines meiner Lieblingszitate: People don’t read ads. They read what interest them and sometimes that’s an ad. Und das ist genau der Punkt. Die Leute wollen nicht Werbung lesen, es sei denn, Werbung ist gut. Werbung für Chatbots anzuwenden ist der falsche Approach. Man muss es umkehren und fragen, wie kann ich Chatbots brauchen, um ein Produkt oder eine Dienstleistung zugänglich zu machen. Werbung ist Kommunikation und Chatbot ist das auch. Chatbot ist in dem Sinne das Equivalent zu Werbung. Was machen mache kann ist, dass es eine Experience ist. Dass eine Marke einen eigenen Chatbot hat, mit dem man reden kann, wo Produkte vorgestellt werden, wo gefragt wird, was gesucht wird, was das Problem ist, ich habe das Problem, dass mein Toast am morgen nicht schmeckt, welches Modell benutzen sie, das ist ein Beispiel, worum es geht. Was man hier machen kann sind Dinge, die ein klassischer Kommunikationskanal nicht machen kann, nämlich Charme und Persönlichkeit ins Spiel bringen. Das Toaster Beispiel ist von daher blöd. Aber je nachdem wie der Benutzer argumentiert oder wie er antwortet kann in sich lustig sein. Das macht Chatbots interessant. Es erlaubt der Marke mehr Persönlichkeit zu geben und dies in die Kommunikation reinzubringen. Es wirkt nicht so professionell, inszeniert. Die Konsumenten langweilen sich an professioneller Werbung. Diese wird rausgefiltert. Der Adblocker im Hirn.

Erzähle uns bitte zum Schluss Deine Chatbot Story

Das war eine verrückte Geschichte. Ich hatte mein Portemonnaie am See verloren. Es war fürchterlich. Ich wusste ich musste verreisen und hatte all meine Dokumente drin. Ich suchte das Seeufer ab wie ein Verrückter. Und eine Stunde später hatte ich eine E-Mail, wo jemand schrieb, dass er mein Portemonnaie gefunden habe. Dann begannen wir zu schreiben, wo wir uns treffen und so weiter. Wir trafen uns und ich fragte den Finder, wie er mich kontaktiert habe, worauf er mich verwundert anschaute und sagte: “Wie meinst Du das, wir haben uns doch per SMS ausgetauscht.” Das war krass. Er dachte in der Tat, er wäre mit mir im Dialog auf der Webseite. Dabei war es mein Chatbot.

Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit Deinen Projekten.

Adrian Zumbrunnen: Creator of UX Bear. I like solving problems. Currently design tinkering at Google. Formerly iA. My website talks to you. Das ist in der Tat so. Besuchen Sie azumbrunnen.me zum bot-chatten oder huerlimanncc.com zum klassichen klicken.

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