Wie Krea­ti­vi­tät di­gi­ta­li­sie­ren?

Veröffentlicht am 20. Januar 2018 von Beat Hürlimann

Wie Kreativität für Werbung digitalisieren? Es gibt dafür kein Patentrezept, aber es gibt ein Modell mit drei Perspektiven als Augangspunkt …

Die Kampagne «MOM on» von Yoplaint liefert uns die Modellkampagne zum und wir starten mit einer Frage:

Was, wenn sich Marken in die kreativen Sphären kontroverser Themen vortasten?

Aufmerksamkeitstechnisch ein lohnendes Unterfangen, die Leute schauen hin, aber es ist auch heikel. Der Schuss kann leicht nach hinten losgehen. Aber für etwas einen Standpunkt einnehmen lohnt sich grundsätzlich. Der thematische Insight der «MOM on»-Kampagne: Mom Shaming.

DIE BRAND-PERSPEKTIVE:

Das Hauptziel der «MOM on»-Kampagne bestand darin, die Marke zurück ins sogenannte Relevantsetting zu bringen. Yoplaint gibt es seit einer Ewigkeit, und die Menschen glauben die Marke zu kennen. Aber gerade traditionelle Marken drohen in der Flut von allem Neuen übersehen zu werden. Deshalb entschied man sich, die Kampagne um ein kontroverses Thema zu bauen, mit dem Ziel, bei Müttern, einer etwas in Vergessenheit geratenen Zielgruppe, zurück ins Gespräch zu kommen. Ein riskantes Unterfangen, aber es half dabei, dass die meisten im Marketingteam selber Mütter waren. Die Botschaften sollten natürlich sein, nicht gekünstelt. Intuition war ein wichtiger Task. Mit der Kampagne sollte sich Yoplaint auf authentische Art in eine Diskussion einbringen, die innerhalb der Zielgruppe «Mütter» bereits stattfand. Und es funktionierte. Die Konversationen in den Social-Media-Netzwerken war sehr positiv und ergreifend.

DIE CREATIVE-PERSPEKTIVE:

Mütter leiden darunter, dass ihnen ständig vorgehalten wird, wie sie sich zu verhalten haben. In allen Umfeldern, Social Media mit eingeschlossen, wird ein idealisiertes und unrealistisches Mutterbild gezeichnet. In Umfragen erzählten Mütter, wie sie solche Idealbilder und Vorurteile in Rage bringen und dass sie sich in den meisten Anzeigen nicht wiedererkennen. Das war der Creative Insight für die Kampagne. In einem 60-Sekunden-Video griffen betroffene Mütter eine breite Range an weit verbreiteten Vorurteilen auf. YouTube war ein wichtiger Kanal, weil sich Mütter da häufig aufhalten, um unterhalten zu werden, aber auch um Tipps rund ums Elternsein abzufragen. Die wichtigste Erkenntnis aus dem kreativen Prozess war diese: Man kann kontrovers sein, so lange man sich mit Empathie den Storys annähert. Vorsicht ist im Umgang mit Ironie geboten, auf Sarkasmus am besten ganz verzichten. Die durchschnittliche Sehzeit des Videos von 56 Sekunden zeigt, dass eine fesselnde und mitfühlende Botschaft ein sehr effizientes Mittel für mehr Aufmerksamkeit ist.

Hier sehen wir den 60-Sekunden Trailer mit verschiedenen Mom-Shaming-Situationen

DIE MEDIA-PERSPEKTIVE:

Die Kampagne war an alle Mütter gerichtet: die mit der Brust stillen, die mit der Flasche stillen, die zuhause sind, die zur Arbeit gehen, die in Yoga Pants rumlaufen, die an Tupperware-Partys teilnehmen und viele mehr. Aber wie jeder Werber heute wissen sollte, sind jene Anzeigen am wirkungsvollsten, die auf Ebene Individuum andocken. Deshalb verwendeten die Macher der «MOM on»-Kampagne eine neue Technologie. Zusätzlich zum Long-Video wurden mit der Hilfe von YouTubes Director Mix 32 unterschiedliche 6-Sekunden-Ads produziert, mit denen all jene mittels Retargeting angesprochen wurden, die zuvor das lange Video angeschaut hatten. Der Clou: Der Text, der in den Ads zu sehen war, wurde den Umfeldern angepasst, in denen die Video-Ads erschienen.

Mütter, die auf YouTube nach Ideen für Kindergeburtstage suchten, sahen dann etwas in der Art:

Mütter, denen nach Katzenvideos zumute war, sahen das selbe Video aber mit anderem Text:

Und Mütter auf der Suche nach einem schönen Film, sahen sowas:

ZUSAMMENFASSEND:

Wie Kreativität im digitalen Werbezeitalter entfesseln? Indem die Herausforderungen der Werbeauftraggeber aus den drei eben beispielhaft erklärten Perspektiven angegangen werden:

  1. Der Brand-Perspektive: Wähle ein Thema, das mit der Marke und seinen Werten im Einklang steht.
  2. Der Creative-Perspektive: Wenn man sich auf kontroverses Thementerrain begibt, muss man Empathie und Zugehörigkeit zeigen.
  3. Der Media-Perspektive: Technologien einsetzen, um die Kampagne persönlich zu

Was meint Ihr dazu? Über Kommentare würde ich mich freuen. Ebenso über Gespräche, wie ich Euch bei der Entwicklung oder Umsetzung entsprechender Kampagnen unterstützen kann.

 

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